Was ist Hochbegabung?
Hochbegabung ist ein komplexes Phänomen, so dass es nicht verwunderlich ist, in der Wissenschaft große Uneinigkeit darüber vorzufinden. Zwar liegen - verglichen mit Konzepten zur Intelligenz - weniger Erklärungsmodelle vor, doch ist der Unterschied häufig groß und die Diskussion darüber vehement. Einigkeit besteht nur in dem Punkt, dass unter Hochbegabung etwas zu verstehen ist, das weit über dem Durchschnitt der Vergleichsgruppe liegt. Die Verschiedenheiten der gängigen Modelle und Theorien zur Hochbegabung spiegeln die momentane Ungewissheit der Forschung wider, denn es stehen Fakten und Tatsachen aus, die eine Theorie unterstreichen und andere widerlegen. Eine heiße Diskussion ist darüber entbrannt, ob und wenn, wie sich das Konzept der Hochbegabung in intellektueller Hinsicht erweitern lässt.

Modelle zur Hochbegabung
1. Psychometrische Definition
Derzeit lässt sich aus wissenschaftlicher Sicht sagen, dass der Begriff Hochbegabung zunächst auf intellektuelle Fähigkeiten zu beziehen ist. Sprechen wir von Hochbegabung, meinen wir somit hohe Intelligenz. Konzepte und Theorien, sich von der alleinigen Ableitung der Hochbegabung von Intelligenz zu lösen und diese zu ergänzen, sind bisher unter wissenschaftlichen Aspekten nicht haltbar. Leitet man Hochbegabung von Begabung ab, so bleibt unbestritten, dass als Hochbegabung besondere angeborene Fähigkeiten zu verstehen sind - sofern wir voraussetzen, dass wir alle Entsprechendes unter Begabung verstehen. Gemäß den Definitionen von (intellektueller) Begabung sollten diese mentalen Fähigkeiten einer Person ermöglichen, sehr besondere Leistungen im Vergleich zu einer Bezugsgruppe zu erbringen. Psychometrische Definitionen setzen bestimmte Grenzwerte für eine Hochbegabung, die per Messung (mittels Intelligenztests) abgebildet werden können. Intelligenz ist in diesem Sinne quantitativ fassbar. Wer die Kriteriumsschwelle erreicht, wird als hoch begabt eingestuft. Per Konvention gilt in der Wissenschaft die so genannte psychometrische Definition der Hochbegabung: Wer mindestens einen Intelligenzquotienten von 130 hat, wird als (intellektuell) hoch begabt bezeichnet. Diese Ausprägung der Intelligenz ist eher selten, denn ein solcher Wert kommt nur in etwa 2-3% aller Fälle vor.

2. Alternative und ergänzende Modelle
2.1 Die 3-Ringe-Konzeption und das Triadische Interdependenzmodell
Die Konzeptionen von Renzulli und Mönks (Link) versuchen, sich von der Intelligenz als alleinigen Bestandteil einer Hochbegabung zu lösen. Ursprünglich sahen ihre Konzeptionen Hochbegabung als Schnittmenge von hoher Intelligenz, ausgeprägter Kreativität und hoher Aufgabenzuwendung. Jedoch kam es hierbei zu einer Vermengung von kognitiven Fähigkeiten und Facetten der Persönlichkeit, was nur schwer mit dem Begriff von Begabung zu vereinen ist: Wer nicht fleißig ist, konnte per defintionem nicht hoch begabt sein. Gleichsam ergeben sich aus dem Aufbau der Konzeptionen Schwierigkeiten für die Erfassung von Hochbegabung (man bedenke die Überlappungen der Kreise, die ein gemeinsames Auftreten aller drei Merkmale fast unmöglich macht) sowie die Betrachtung von Hochleistung (siehe die Auswahl der Faktoren, die keine begabungsspezifischen Charakteristika enthalten). Interessant sind diese Modelle im Hinblick auf mögliche pädagogische Maßnahmen, die sich - je nach Konstellation - ergeben können. Renzulli hat jedoch seine Konzeption überdacht und stellt nun als Schnittmenge der drei Kreise nicht mehr Hochbegabung, sondern Hochleistung dar (Link).

2.2 Das Differenzierte Begabungs- und Talentmodell
Weitere Modelle wie von Gagné (Link) versuchen Aussagen darüber zu treffen, wie Begabung als Anlage mit unterschiedlichen Faktoren zusammenwirken und sich zu Fertigkeiten entwickeln können, die wir beobachten können. Gagné sieht auf der Begabungsseite z.B. intellektuelle Aspekte, die sich über Lernen (als übergeordneter Prozess, nicht im alleinigen Sinne von Trainieren zu verstehen) und persönliche Eigenschaften wie z.B. Motivation und äußere Einflüsse zur Bildung entwickeln. Sein differenziertes Begabungs- und Talentmodell versucht, entwicklungs- und lernpsychologische Faktoren in den Prozess der Talententwicklung zu integrieren.

3. Was versteht man unter Underachievement?
Mit dem englischen Begriff Underachievement bezeichnet das Verhältnis zwischen Begabung und Leistung, das durch einen unerwarteten Abfall der letzteren gekennzeichnet ist. Im eigentlichen Sinne ist jemand, der weniger leistet, als er kann, als Underachiever anzusehen. Das Konstrukt des Underachievements spiegelt folglich die Diskrepanz zwischen Können und Leistung wider. Wir formulieren gerne: "Eigentlich hat er mehr drauf." - wenn das Vorhaben nicht wie erwartet gelungen ist. In einem solchen Fall bemessen wir Leistung anhand der Erwartung, die wir aufgrund der Fähigkeiten einer Person erwartet haben.
Vergleicht man Arbeiten zum Thema Underachievement, so findet sich für die Gruppe von hochbegabten Underachievern ein übereinstimmendes Bild an typischen Merkmalen. In der Regel zeichnen sich Underachiever durch negative Werte in der Selbsteinschätzung der eigenen Persönlichkeit wie auch des Fremdbildes aus. Diverse Studien beschreiben hoch begabte Underachiever in ihrem Denken sprunghaft und impulsiv, auch das Verhalten sei eher unkontrolliert und impulsiv. Sie vernachlässigen Regeln und Ordnung und besitzen demzufolge Schwierigkeiten, sich in Abläufe und Gruppen einzugliedern. Hochbegabte Underachiever zeigen hinsichtlich ihrer Leistungsmotivation eine stärkere Neigung zur extrinsischen Motivation, d.h. sie arbeiten auf Belohnung, nicht aber intrinsisch motiviert, zumal sie an unmittelbarer Belohnung interessiert, nicht aber long-term goal orientated sind. Grundsätzlich wird hoch begabten Underachievern ein ineffizientes Arbeitsverhalten bescheinigt.



Nützliche Links:

Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e.V.
http://www.dghk.de//

Hochbegabtenförderung e.V.
http://www.hbf-ev.de/

Internetportal zum Thema Hochbegabung
http://www.karg-stiftung.de/

Begabungsdiagnostische Beratungsstelle
http://staff-www.uni-marburg.de/~brain/






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